Sex als Asthmapatient
Die schönste Nebensache der Welt ist für Menschen mit Asthma manchmal auch eine ganz schöne Herausforderung. Wichtig ist vor allem, offen mit diesem Problem umzugehen.
Als Asthma-Patient wissen Sie, dass eine chronische Erkrankung nicht nur die körperliche Gesundheit beeinträchtigt, sondern auch Auswirkungen auf das psychische, soziale und partnerschaftliche Leben von Betroffenen hat. Sex ist da keine Ausnahme, denn im Akt selbst, der eine gewisse Anstrengung verlangt, verausgabt man sich oft: Das Herz schlägt schneller, und auch die Atmung wird beschleunigt. Da kann es rasch einmal zu Luftnot, Husten, Giemen oder einem Engegefühl in der Brust kommen. Tatsächlich beschreiben mindestens 70 Prozent der Asthmatiker so genannte anstrengungsinduzierte Asthmabeschwerden, die etwa beim Sport, aber oft auch bei der körperlichen Liebe auftreten. Häufig ist eine Unterbehandlung der Asthmaerkrankung der Grund dafür, und das heißt im Umkehrschluss auch, dass Sie dieses Problem leichter in den Griff bekommen, wenn Ihr Asthma gut kontrolliert ist. Allerdings gibt es beim Sex auch noch andere Faktoren, die Asthmabeschwerden triggern können. Das betrifft zum Beispiel starke Emotionen, die bei sexueller Erregung auftreten, aber auch die Verwendung von Duftprodukten wie Parfum, Aftershave, Duftkerzen oder – ölen sowie Indoor-Trigger wie Staub, Tierhaare oder Zigarettenrauch. Auch Latex, das für die meisten Kondome verwendet wird, kann Asthma-Symptome hervorrufen, wenn man eine Latex-Allergie hat, und nicht zuletzt machen es manche sexuellen Praktiken schwerer, gut durchzuatmen.
Slow down
Das alles ist aber kein Grund, auf die schönste Nebensache der Welt zu verzichten, wenn man unter Asthma leidet. „Solange Ihr Arzt Ihnen Lungensport erlaubt und Sie in der Lage sind, eine Etage Treppen zu steigen, ist der körperliche Akt des Geschlechtsverkehrs für Sie grundsätzlich möglich. Jedenfalls ist etwas Luftnot dabei normal und hindert nicht daran, ein gesundes und befriedigendes Sexualleben zu führen“, sagen die Lungenfachärzte Norbert Mülleneisen und Manfred Springob. Die beiden Experten haben auch Rat für all jene, denen es nicht möglich ist, eine Etage in normalem Tempo zu steigen: Slow down ist hier die Devise, also langsam und gegebenenfalls mit Pausen.
Es geht nicht um Leistung
Was man keinesfalls tun sollte ist die Sache herunterzuspielen oder vor dem Partner zu verbergen, wenn man Asthma-Symptome während des Sex bekommt. In diesem Fall geht es darum, einen Stopp einzulegen und den Notfallinhalator einzusetzen. Den sollte man übrigens immer griffbereit haben und nachdem man ihn benutzt hat, wird eine kurze Rast empfohlen, bis man sich wieder besser fühlt. „Bei Luftnot ist jede Art von Entspannungsübung gut“, betonen die Lungenfachärzte Mülleneisen und Springob, und sie verweisen darauf, dass körperliche Nähe mit intimen Handlungen zu den besten Entspannungsmöglichkeiten zählen. Sex ist also auch bei Symptomen möglich, wenn es nicht um Leistung und den Geschlechtsakt selbst geht. Apropos Leistung: Testen Sie Ihre persönlichen Grenzen aus und versuchen Sie gegebenenfalls zu akzeptieren, dass bestimmte Sexpraktiken und Stellungen aufgrund Ihrer Lungenerkrankung nicht möglich sind. Das bedeutet nicht, dass die körperliche Liebe generell für Sie tabu ist. „Experimentieren Sie solange, bis Sie etwas gefunden haben, mit dem Sie eine befriedigende Sexualität ausleben können, die sowohl Ihnen als auch Ihrem Mann oder Ihrer Frau Lust und Freude verschafft“, raten die Experten Mülleneisen und Springob.
Sollte es während des Sex doch zu einem Asthmaanfall, kommen, gelten dieselben Regeln wie bei jedem Asthmaanfall. Setzen Sie sich auf, versuchen Sie ruhig zu bleiben und folgen Sie Ihrem persönlichen Notfallplan.
Grundsätzliche Empfehlungen beim Sex als Asthmapatient
Zudem gibt es einige grundsätzliche Empfehlungen, wie Sie sich die Freude am Sex trotz Asthma bewahren können.
Wichtig ist an erster Stelle eine gute Kontrolle Ihrer Erkrankung: Nehmen Sie Ihr Asthma-Medikament immer wie vorgeschrieben, auch dann, wenn Sie sich gut fühlen. Seien Sie sich Ihrer persönlichen Asthma-Trigger bewusst, meiden Sie sie so gut es geht, und gehen Sie zumindest einmal im Jahr zum Lungenfacharzt.
Bauen Sie regelmäßige körperliche Aktivitäten ins Leben ein: Versuchen Sie es zum Beispiel mit Lungensport oder zumindest mit regelmäßigem Spazierengehen in einem etwas erhöhten Tempo. Das trainiert Ihre Lunge und macht Sie auch fitter für Sex.
Planen Sie die richtige Zeit für die Liebe: Ihre langwirksamen Medikamente haben den Spitzenspiegel ihrer Wirksamkeit in der Regel eine Stunde nach Einnahme erreicht und helfen Ihnen, Luftnot während des Sex zu reduzieren. Denken Sie auch daran, kurzwirksame bronchialerweiternde Sprays etwa 15 Minuten vor dem Sex einzunehmen, halten Sie das Medikament griffbereit und seien Sie sich auch dessen bewusst, dass etwas Luftnot während des Akts ganz normal ist.
Vermeiden Sie Alkohol und schwere Mahlzeiten unmittelbar vor dem Sex: Planen Sie lieber zwei bis drei Stunden nach dem Essen ein, bevor Sie Sex haben wollen, denn für die Verdauung benötigt man auch Sauerstoff, und ein gefüllter Magen führt zu einer vermehrten Belastung des Zwerchfells bei der Atmung.
Und: Hören Sie auf die Signale Ihres Körpers: Legen Sie eine Pause ein, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie das brauchen.
Talk about Sex
Eines noch zum Schluss: Wenn Sie als Asthmatiker schon die Erfahrung gemacht haben, dass Sex für Sie manchmal zur Herausforderung wird, scheuen Sie sich nicht, mit dem Arzt Ihres Vertrauens und Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin darüber zu sprechen. Wenn Sie Ihrer Lunge eine Stimme geben, kann Ihr Arzt Sie besser beraten, und Ihr Partner oder Ihre Partnerin wird Sie besser verstehen. Möglicherweise bringt Sie die Offenheit in dieser Frage weiter als Sie zunächst denken.
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Zögern Sie nicht lange und kontaktieren Sie eine:n Arzt:Ärztin in Ihrer Nähe über:
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Verwendete Quellen:
Hamacher J. et al. (2007) Asthma, COPD, Partnerschaft und Sexualität. In: Lingner H., Schwartz FW., Schultz K. (eds) Volkskrankheit Asthma/COPD. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-70920-6_13
Mülleneisen N, Springob M.: Asthma/COPD und Sex
https://www.asthma.org.uk/advice/triggers/sex/
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